Früh fuhr ich vom Bahnhof Charlottenburg mit der Regionalbahn Richtung Frankfurt an der Oder und erreichte nach gut einer Stunde meinen Startpunkt. Vom Bahnhof war es nur eine kurze Strecke, bis ich an die Oder gelangte. Zunächst führte der Oder-Radweg an schönen Maisonette-Wohnungen mit Blick auf die Oder vorbei, dann sah ich aber zahlreiche verlassene, von der Natur mittlerweile in Beschlag genommene Werkgebäude, vorbei an Kleingartensiedlungen erreichte ich schließlich die erhoffte und erwartete Naturatmosphäre. Von da an war der Weg aber eher beschwerlich, kein Asphalt, wie in manchen Berichten angekündigt, sondern unbefestigte Wege, wo ein Rennrad nicht unbedingt von Nutzen war. Dafür entschädigte mich aber die wunderbare Landschaft entlang des Flusses, geschnittene Korbweiden in pittoresken, Skulptur ähnlichen Formen, zahlreiche Vögel, die sich in den Nebenarmen der Oder tummelten. Die Oder selbst litt augenscheinlich sehr unter Niedrigwasser, zahlreiche Sandbänken ragten aus dem Fluss hervor, man kann sich kaum vorstellen, dass hier einmal eine gewaltige Flut- und Überschwemmungskatastrophe herrschte. Darüber hinaus war der Radweg sehr schlecht beschildert, sodass ich versehentlich einen Weg auf einer Halbinsel zwischen der Oder und dem Altarm nahm, bevor mich ein netter Spaziergänger darauf hinwies, dass, wenn ich weiterführe, ich letztendlich an der Spitze der Halbinsel wäre und 7 km zurückfahren müsste. Ich will ja nicht ausschließen, dass ich vielleicht ein Schild übersehen hatte, aber wenn dem so gewesen wäre, dann würde der offizielle Radweg doch ziemlich weit weg von der Oder entlang führen, denn der von mir genutzte Weg, der zugegebenerweise nicht immer sehr Radfahrer freundlich gewesen ist, führte direkt am Fluss bzw. an den Nebenarmen entlang und bot wunderschöne Ausblicke.
Nach gut zehn Kilometern erreichte ich den Ort Lebus. Von dort aus war der oder Weg durchgehend asphaltiert. Man konnte entweder auf der Deichkrone oder aber unterhalb des Deiches bequem radeln. Auch hier wieder wunderschöne Blicke in die Landschaft, kein Mensch, kein Auto, kein Haus in Sicht. Schließlich erreichte ich nach gut 22 Kilometern Küstrin. Ich war insbesondere neugierig auf die Festung, die als Ruine noch existiert. Ich radelte über die Oder und betrat polnisches Territorium; schon von der Brücke aus konnte ich die Mauern der Festung sehen, die ich dann betrat. Man spricht hier auch von einem “Küstriner Pompeji”, aber das ist in meinen Augen ein Euphemismus, denn Pompeji wurde durch Naturgewalten zerstört; darüber hinaus blieb viel von Pompeji, deren Bewohnern und deren Lebensumständen erhalten, während die Festung Küstrin durch Menschenhand im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört wurde. Es sind keine Bauwerke vorhanden, häufig nicht einmal die Grundmauern, man kann kann höchstens anhand der Grundrisse die Bauten innerhalb der Festung erahnen. Man hat sich bemüht, das Zerstörte zu bewahren und Einiges wiederherzustellen, indem man die Festungsmauern ausgewählter Bastionen wieder aufbaute, aber das ist nur eine, in meinen Augen nicht notwendige Replica. Anschließend ging ich noch in den Basar, einen typischen “Polenmarkt” mit deutschem Publikum. Der Basar und auch die ganze Vorstadt vom polnischen Küstrin gleicht einem Supermarkt, neben dem Basar auch zahlreiche Geschäfte, Tankstellen und Dienstleistungsläden, sogar ein Hotel, wozu das wohl da ist. Ich hielt mich dort nicht zu lange auf, sondern begab mich zurück nach Deutschland zum Bahnhof Küstrin. Nach insgesamt mehr als 40 Kilometern tat es gut mit der Bahn zurück nach Berlin zu fahren..
Views: 932
U Sz
Hatte ich ja gar nicht so unrecht mit dem weit von der Oder entfernt liegenden Radweg und den toten Wasserarmen, die eine durchgängige Fahrt behindern.