Eine der bemerkenswertesten Ausstellungen im Herbst 2022 mit dem Titel „Aufbrüche. Abbrüche. Umbrüche. Kunst in Ost-Berlin 1985-1995“ stellt an drei Standorten, der Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank und der Stiftung Stadtmuseum Berlin mit dem Museum Nikolaikirche und dem Ephraim Palais, diese spannende Dekade, nicht nur für den Bereich der Kunst, in den Mittelpunkt: 57 Künstler:innen geben zurückblickend einen profunden Überblick auf die lebendige und vielfältige Kunstszene Ost-Berlins in der Vor- und Nachwendezeit.
Ich möchte aus dieser Werkschau drei Arbeiten hervorheben, zufälligerweise auch an unterschiedlichen Standorten, die mich in der Darstellung der Transformation, die zur damaligen Zeit in der DDR stattfand, besonders beeindruckt haben:
Da erregte als erstes die Holz-Installation von Trak Wendisch „Übergang“ im Museum Nikolaikirche meine Aufmerksamkeit. Es erinnerte mich an die Kunst Aktion „Die Wölfe sind zurück?“ von Rainer Opalka vor dem Hauptbahnhof Berlin, mit der er vor 3 Jahren in einer Wanderausstellung ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit, Hass und Gewalt setzten wollte. Wendisch hat zum einen seine Objekte nicht so ausgeprägt und detailliert geformt. Des Weiteren hat er seine Installation noch mit zwei Personen angereichert, die verschnürt mit (Stachel)Draht von den Wölfen umzingelt sind. Seine Wölfe erscheinen zunächst nicht so aggressiv wie Opalkas Tiere, sie umkreisen eher lauernd, wachsam ihre Opfer, während die menschlichen Skulpturen hilflos und verlassen wirken. Während für mich relativ deutlich hier die Situation vieler DDR-Bürger zur damaligen Zeit widergespiegelt wird, bleiben im Hinblick auf die Wölfe ein breiter Interpretationsspielraum.
Im Ephraim Palais ist mir ein eher unscheinbares Bild einer für mich unbekannten Künstlerin im Gedächtnis geblieben, Karla Woisnitza „Training des aufrechten Gangs“: Man entdeckt zwei, in sich verschlungene Strichmännchen, eines eher gebückt, das andere deutlich aufrecht. Das Besondere an der Darstellung ist, dass die Künstlerin durch geschickte Kolorierung den Eindruck vermittelt, als ob zwei Blätter übereinander gelegt wurden. Woisnitza gelingt es, mit wenigen, aber prägnanten Strichen eine Situation widerzuspiegeln, in der sich viele Bürger der DDR im Verlauf der Wende befanden.
Der Ost-Berliner Bildhauer Berndt Wilde wird mir mit zwei seiner im Kunstforum der Berliner Volksbank präsentierten Skulpturen im Gedächtnis bleiben, nicht zuletzt weil ich selbst vor kurzem in das „Steinklopfer Metier“ reingerochen habe. „Das Schweigen“ und „Die Knieende“ bestechen durch ihre Einfachheit und klare Form, lassen aber dennoch viel Raum für den Betrachter. Erstaunlich war für mich doch die recht raue, zum Teil unbehandelte Oberfläche, die aber das Motiv noch deutlicher hervortreten lässt. Ich bin mehrmals – insbesondere um „die Knieende“ herumgelaufen und habe immer wieder eine neue Nuance entdecken können.
Fazit: Ein Tag mit Ost-Berliner Kunst „satt“ ist absolut lohnend!
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