Ausstellungen

Hans-Hendrik Grimmling

Frankfurt / Oder ist kulturell eigentlich immer eine Reise wert. Aktuell lockte mich bei der Ausstellung “Aus der Mitte – Eduardo Chillida, Hans-Hendrik Grimmling” die Aussicht, graphische Werke des baskischen Künstlers Chillida betrachten zu können, in die Stadt an der Oder. Doch wie in letzter Zeit so häufig bei Ausstellungen wird auch hier ein Etikettenschwindel betrieben: Es finden sich nur vereinzelt Werke, dazu noch eher die zweite Wahl, was Chillidas graphisches Schaffen angeht, in der Ausstellung. Darüber hinaus wirkt die Erklärung und Würdigung des Kurators (?), in denen er sich krampfhaft bemüht, Berührungspunkte beider Künstler herauszustellen, aufgesetzt und fast schon peinlich.

Doch wurde ich entschädigt für die anfängliche Enttäuschung durch die Werkschau von Hans-Hendrik Grimmling. Hierbei faszinierte mich insbesondere sein Schaffen vor der politischen Wende: Diese Bilder und Grafiken strahlen eine ungeheure

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Intensität aus und lassen dem Betrachter – beginnend bei dem Titel – unendlich viele Möglichkeiten das jeweilige Werk zu betrachten und zu interpretieren: Ich möchte dies an seiner Grafik “Balance” verdeutlichen: Zwei Personen stehen im Zentrum, scheinen sich oberflächlich in einem Gleichgewicht zu befinden. Jedoch schon bei der angedeuteten Mimik wird die Ambivalenz der Balance deutlich: Während der eine in sich zu ruhen scheint, drückt sich beim anderen Anstrengung, Ablehnung, vielleicht sogar Schmerz aus. Hinzu kommen die angedeutete Handhaltungen, die von schützend, stützend bis greifend und klammernd reichen. Wird hier wirklich eine Balance widergespiegelt oder ist es vielmehr eine Widersprüchlichkeit – oder bedingen sich diese beiden Pole? Bezieht sich diese Ambivalenz auf das individuelle Leben oder wird hier ein gesellschaftliches Phänomen / Problem künstlerisch dargestellt?

Ich wage, ohne Hans-Hendrik Grimmling persönlich zu kennen, die Behauptung, dass sich nicht nur in diesem Werk eine Gesellschaftskritik – in seinem Fall: an der DDR – widerspiegelt. Dafür spräche, dass er kurz vor dem Zusammenbruch der DDR einen Ausreiseantrag stellte und nach West-Berlin übersiedelte. Mit diesem Schritt vollzog sich – nach meinem laienhaften Kunstverständnis – auch ein Bruch mit seinem bisherigen Schaffen: Die großflächigen, farbgewaltigen Bilder werden abstrakter, schön anzuschauen, fast dekorativ – sie haben für mich jedoch ihre Aussagekraft verloren! Positiv provokativ formuliert wirken sie in Ansätzen wie eine Hommage an Chillida!

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