Eine ganze Reihe von Wegen führen durch verschiedene europäische Länder zum Beginn des Camino Francés; einer der Zuwege ist der Ostbayerische Jakobsweg von der tschechischen Grenze bei Eschlkam nach Donauwörth.
Der Weg benutzt, in Verlängerung des von der tschechischen Hauptstadt Prag ausgehenden süd-tschechischen Jakobsweges, die alten Handels- und Pilgerrouten zwischen Böhmen und Bayern. Diese sind heutzutage aber häufig identisch mit den modernen Verkehrswegen und damit für ein ungestörtes Wandern, geschweige denn Pilgern ungeeignet. Deshalb handelt es sich bei der aktuellen Wegeführung nicht um einen authentischen Weg im historischen Sinn, sondern um einen „auf die heutigen Verhältnisse und Bedürfnisse zugeschnittenen[n] Weg für Jakobspilger […] entlang der historischen Routen“ (Hans J. Kolbinger).
Der Ostbayerische Jakobsweg mit einer Länge von insgesamt 273 km führt zunächst durch den Bayerischen Wald zur Donau und nach Regensburg. Der Weg geht weiter donauaufwärts nach Kelheim und von dort durch den spektakulären Donaudurchbruch zum Kloster Weltenburg. Anschließend steuert er nach Nordwesten durch den Naturpark Altmühltal nach Eichstätt, dem Sitz des gleichnamigen Bistums. Von dort verläuft der Ostbayerische Jakobsweg nach Süden über die Hochflächen des Fränkisch-Schwäbischen Jura und geht bei Donauwörth in den Schwäbischen Jakobsweg über.
Als Wanderprojekt für unsere dritte Pilgerwanderung hatten wir uns diesen Jakobsweg ausgesucht, wobei wir in realistischer Einschätzung unserer Kondition und Kräfte nur das Teilstück zwischen Regensburg und Donauwörth auswählten, immerhin noch gut 150 km. Für diese Tour setzten wir 10 Wandertage an, beginnend mit 1 Tag der Akklimatisierung in Regensburg, auch um den Flair dieser Stadt genießen zu können.
Dieser Teil des Jakobswegs wird von 4 Highlights überstrahlt – Regensburg, Kloster Weltenburg, Eichstätt und Donauwörth – wobei jedes eigentlich mehr als eine Übernachtung verdient, um seine Bedeutung (nicht nur im christlichen Sinn) ermessen zu können. Die Etappen dazwischen sind von viel Landschaft – ausgedehnte Wälder, weit gestreckte Felder – geprägt, wobei vereinzelte christliche Sprenkel – Bergen, Kaisheim – ein Innehalten verdienen.
Während der gesamten Wanderung sind wir – im Unterschied zu den vorherigen Touren – keinem Wanderer begegnet, lediglich etlichen Radfahrern, was mich zu einem negativen Aspekt dieser Pilgerstrecke bringt: Man – wer immer dafür verantwortlich ist – hat aus touristischen Gründen (?) auch einen Jakobsweg für Radfahrer angelegt hat. Zu allem Übel muss man sich als Pilger des Öfteren die gleichen Wege teilen. Der absolut negative Höhepunkt war in diesem Zusammenhang, dass parallel zu der Wander- und Radfahrstrecke zwischen Kaisheim und Donauwörth teilweise noch eine Ski-Langlaufloipe eingerichtet wurde. Warum nicht gleich auch noch einen Jakobsweg speziell für Motorradfahrer, warum nicht gleich für Autofahrer? Diese Entwicklung läuft doch dem Gedanken, der hinter solch einer Pilgerreise steht, völlig zuwider, abgesehen davon, dass bei solch einem Schnelldurchlauf auf dem Fahrrad, zumeist E-Bikes, wichtige Dinge auf dem Weg unbeachtet bzw. vernachlässigt werden. Damit reduziert man die Pilgerstrecke auf wenige Highlights, typisch für unser jetziges Leben, von einem Höhepunkt, von einem Event zum Nächsten zu springen. Es wäre ja nichts dagegen zu sagen, überragende Sehenswürdigkeiten besonders herauszustellen, dies aber mit dem Pilgergedanken zu verbinden, halte ich für absolut pervers.
Unabhängig davon bot diese Pilgerwanderung insbesondere auf den langen, einsamen und menschenleeren Strecken – abgesehen vom gesundheitlichen und sportlichen Gewinn – eine gute Möglichkeit seine innere Haltung im Hinblick auf Achtsamkeit und Verantwortung zu prüfen.
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