Eigentlich hatte ich vor, in meinem Blog einen Bericht über eine Ausstellung im Kunstmuseum Moritzburg in Halle zu schreiben, wo zurzeit eine Ausstellung über das Gesamtwerk des DDR-Künstlers Willi Sitte läuft. Im Laufe meines Aufenthaltes in der Saalestadt bin ich jedoch auf den bildenden Künstler Werner Rataiczyk gestoßen, dessen Werke mich sehr ansprachen und mich motivierten, sich näher mit dieser Person zu beschäftigen.
Einige seiner Bilder sind Teil einer Ausstellung im Kulturhaus Talstraße, wo aktuell eine Ausstellung unter dem Titel „Hommage zum 100.“ präsentiert wird. Hier werden Werke von vier Künstlern aus der Gegend um Halle gezeigt, die im Jahr 1920-21 geboren wurden, unter ihnen Werner Rataiczyk und auch Willi Sitte. Dem in der Ausstellung beigefügten Lebenslauf und meinen weiteren Recherchen war zu entnehmen, dass er eine private Gobelinwerkstatt betrieb: In den Jahren von 1955 bis 1999 entstanden mehr als fünfzig zum Teil großformatige Gobelins, für die Werner Rataiczyk die Kartons entwarf und die seine Frau in aufwendiger Handarbeit ausführte. Ferner entwarf und gestaltete er zahlreiche Fenster für Kirchen, darunter in Bernburg und Blankenburg am Harz.
Diese Arbeit war in doppelter Hinsicht wichtig. Sie half, das Auskommen der Familie zu sichern, und sie gewährte die künstlerische Freiheit, etwas zu schaffen, das nicht in Einklang mit dem herrschenden Kunstverständnis der DDR stand. Damals, zur Ulbricht-Zeit, durfte er seine Bilder, deren Reduktion der Bildgegenstände und der Formensprache zu einer künstlerischen Abstraktion der Motive führte, nicht zeigen.
Mich faszinierte bei seinen ausgestellten Gemälden die Eindringlichkeit der Darstellung bestimmter Themen, insbesondere bei der Totenklage, seinem wohl bekanntesten Werk. Aber auch bei der Darstellung einzelner Personen bzw. Gruppen scheinen die Charaktere aus dem Werk herauszutreten.
Werner Rataiczyk, den man als Nestor der halleschen Kunst bezeichnet, starb im Januar 2021 in Halle. Sein Sohn Matthias, ebenfalls Maler, schrieb zum Tod seines Vaters: „Mein Vater ist heute Morgen, ganz leise auf einer Schneeflocke, diesem Leben entfleucht“.
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