Mein aktueller Ausflug nach Dresden unter der Woche, nicht am Montag wegen der Pegida-Aufmärsche und der Schließzeiten der Museen, hatte den Schwerpunkt in der Ausstellung “Ostdeutsche Malerei und Skulptur 1949-1990” im Albertinum. Der Titel verwunderte mich zunächst, warum spricht man von “ostdeutsch” und nicht von “DDR”? Ist die Verleugnung der eigenen (Kunst)Geschichte schon so weit gediehen?
Diese Ausstellung gibt wahrlich einen guten Überblick über das künstlerischen Schaffen in der DDR aus dreierlei Gründen: Zunächst kann man dort Werke namhafter DDR-Künstler betrachten (u.a. Heisig, Tübke) und Marksteine der DDR-Kunstgeschichte (u.a. “Am Strand” von Womacka) genießen. Die Palette reicht dabei von staatstagenden Künstlern (z.B. Sitte) bis zu kritischen Geistern (z.B. A.R. Penck).
Zweitens gliedert die Ausstellung die DDR-Kunst in zeitliche Abschnitte aufgrund der politischen Entwicklung des Staates. Dies geschieht überzeugend und wird mit entsprechenden Erläuterungen verdeutlicht. Dabei ist das Bemühen nach einer neutralen Darstellung erkannbar.
Drittens sind die meisten Werken mit einer Erklärung versehen, wie sie in den Bestand der Museumsstätte gekommen sind, häufig über Um- und Schleichwege. Darüber hinaus werden bei einigen Oeuvres deren Entstehungsgeschichte und die gesellschaftlichen Zusammenhänge erläutert, was mitunter zum besseren Verständnis beiträgt.
Ein Werk, das mich besonders beeindruckte, war das Ölgemälde “Requiem” von Werner Tübke aus dem Jahr 1965, nicht zu verwechseln mit seinem späteren Werk “Chilenisches Requiem” (1974) in Anlehnung an den Putsch in Chile. Hier offenbart sich bereits die stilistische Eigenart des Malers, die Orientierung an altdeutschen Meistern, an der italienischen Renaissance (Tübke: seine „Wahlverwandten“) und am Manierismus sowie an Elementen des Surrealismus. Der Tod wird nicht blutrünstig und brachial gezeichnet, die Unlebendigkeit ist still, karg, bewegungslos und in sich gekehrt, wie die Totenmesse der trauernden Frau. Wie die Menschen (Männer) gestorben sind, ob im Gefängnis, auf dem Hof oder einem anderen Ort, bleibt offen – was auch eigentlich keine Rolle spielt. Auffällig ist die (Friedens)Taube, die über den Toten und der Trauernden schwebt. Sie wirkt wie das tröstende Moment in dieser Szene. Zeigt sie an, dass die Opfer nicht vergebens waren?
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