In der Ausstellung “The Most Dangerous Game” im Haus der Kulturen der Welt, die sich schwerpunktmäßig mit der “Situationistischen Internationalen” beschäftigt, wurde ich auf die Gruppe “Spur” aufmerksam. Diese Vereinigung zählt zu den wichtigsten Künstlergruppen der deutschen Nachkriegskunst und nimmt eine Schlüsselstellung innerhalb der Entwicklung des deutschen Informel ein.
Die Geschichte ihrer Gründung kolportierten sie selbst in der “SPUR-Historie”, die im “SPUR-Buch” publiziert wurde: “[…] Gruppe Spur made in Germany 1957, Name auf der Schneematschstraße gefunden im Januar 1958.” Zu den Gründungs-mitgliedern zählten die Maler Heimrad Prem, Helmut Sturm und HP (Hans Peter) Zimmer sowie der Bildhauer Lothar Fischer, die alle an der Münchner Akademie der Bildenden Künste studiert hatten. 1960 kam Dieter Kunzelmann – späteres Mitglied der Kommune I – zu “SPUR”,
Mit “Spur” hatte die Bundesrepublik eine Künstlergruppe, die mitten in der tiefsten Adenauer-Zeit einen bohemienhaften Lebensstil realisierte. Die SPUR-Mitglieder feierten, lasen und diskutierten in nächtelangen Sitzungen gemeinsam Texte, inszenierten Skandale, schrieben Manifeste (u.a. Gaudi-Manifest 1961), organisierten Ausstellungen ihrer Arbeiten zwischen München bis Kopenhagen, Palermo, Venedig und Paris, redigierten eine eigene Zeitschrift und reisten im Gruppenbus kreuz und quer durch Europa.
1958 erschien das erste, 21 Thesen umfassende Manifest; darin wurde ebenso provokant wie ironisch der bevorstehende “kulturelle Putsch” proklamiert, mit dem man sich gegen die moderne abstrakte Kunst wandte und ankündigte, die neue Malerei werde “polydimensional” sein. Darüber hinaus findet sich im Manifest der Begriff “Situationismus” und damit ein unmittelbarer Verweis auf die 1957 gegründete revolutionäre Künstlerbewegung “Situationistische Internationale”, auf deren dritter Konferenz 1959 die Gruppe “SPUR” Mitglied wurde.
SPUR-Künstlern experimentierten mit verschiedenen Werkformen wie informellen Mal-Performance, Filmprojekten und Happenings, Zeitschriften und Flugblättern. Trotzdem blieb die Entwicklung der klassischen Medien Malerei, Zeichnung und Skulptur im Zentrum des künstlerischen Interesses.
Ab 1960 wurde die Zeitschrift “SPUR” veröffentlicht, von der sieben Ausgaben erschienen. Die bisweilen provokanten Inhalte, vor allem in der sechsten Ausgabe “SPUR IM EXIL”, führten zu einem Strafprozess. Die Anklage lautete auf Gotteslästerung und Verbreitung unzüchtigen Schrifttums, das Verfahren wurde jedoch Jahre später eingestellt.
1965 vereinigte sich die “SPUR” mit der Münchner Künstlergruppe “WIR”. Aus diesem Zusammenschluss erwuchs ein Jahr später die Gruppe “GEFLECHT”.
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