Die (künstlerische) Neugierde aufgrund positiver (Medien)Rezensionen und goldenes Oktoberwetter – Parallele zum Titel der Ausstellung – motivierten mich zu den Reinbeckhallen in Berlin Oberschöneweide zu fahren. In der sorgfältig restaurierten Ausstellungshalle (900 m²) des ehemaligen AEG-Transformatorenwerks präsentierte das Goldrausch Künstlerinnenprojekt in der Ausstellung “Archipelago – Goldrausch 2018” Werke von den diesjährigen 15 Projektteilnehmerinnen.
Bei meinem Rundgang durch die Halle fesselte das Projekt “Berlin U-Bahnhof-Friedrichstraße U6, zweite Treppe” meine Aufmerksamkeit. Die koreanische Künstlerin Yeongbin Lee erforschte dabei hörbare Bewegungen und versuchte die wahrgenommenen Geräusche zu visualisieren. Dies geschah nicht mit Hilfe diverser Aufnahmegeräte, sondern ausschließlich durch ihre sinnliche Wahrnehmung, die sie aufnahm und memorisierte. Das erstes Projekt in dieser Annäherung an die sie umgebende Umwelt realisierte sie in einem Waldstück bei Kiel, als sie an der Muthesius Kunsthochschule studierte.
Das hier präsentierte Werk gestaltete sich als viel umfangreicher und komplexer, wie man den ausgestellten Exponaten entnehmen kann: Neben dem Zeitrahmen und der Ortsbeschreibung – Lee kreiert hierbei die Nachbildung der Treppe, in der sie ein Xylophon einarbeitet – werden Schrittfolgen (Schnelligkeit, Lautstärke, Richtung) visualisiert. Die zunächst wie geometrische Figurationen erscheinenden Abbildungen entpuppen sich bei näherer Betrachtung als grafische Partitur – eine Kadenz mit einer rhythmischen Abfolge. So entsteht eine Komposition, die, so ist der Anspruch der Künstlerin, im Rahmen einer musikalischen Performance – unter Nutzung des eingebauten Xylophons – dargeboten werden kann.
Mich faszinierte daran, dass hier der Versuch unternommen wird, sich dem Leben in der Großstadt aus einem ganz anderen (künstlerischen) Blickwinkel zu nähern. Normalerweise nimmt man die Umgebung entweder anhand visueller Eindrücke oder auditiver Impulse wahr. Lee unternimmt bei ihrem Projekt nun den Versuch, eine Verbindung der beiden Wahrnehmungskanäle zu schaffen und in der Auseinandersetzung mit diesen Eindrücken neue kreative Ausdrucksformen zu entwickeln.
Nach eigenen Angaben hat sich Lee schon weitere Orte in Berlin ausgesucht, in denen sie Geräusche des Alltags sammeln will, um sie als Basis für ihre weitere künstlerische Arbeit zu nutzen / zu verfremden / zu visualisieren.
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