Die aktuelle Ausstellung im Museum Barberini zeigt Gemälde Max Beckmanns (1884–1950), die als Thema die Welt des Theaters, Zirkus und Varietés haben. Angesichts der Erfahrungen des Künstlers im Ersten Weltkrieg, der dramatischen politischen Entwicklungen gegen Ende der Weimarer Republik, des Beginns der Naziherrschaft und seines Exils nach 1937 in den Niederlanden galt Beckmann die Metapher des Welttheaters als Sinnbild für die Katastrophensituation des aktuellen Weltgeschehens. Häufig band er dabei seine Person und auch seine unmittelbare Umgebung (Freunde, Familie) in das Motiv ein, was die Eindrücklichkeit noch potenzierte.
Grundsätzlich ist es empfehlenswert sich zuvor die App des Museums herunterzuladen. Hier werden im Rahmen einer vorgeschlagenen Führung nähere Erläuterungen zu ausgewählten Werken gegeben. So erhielt ich viele wertvolle Hinweise bzw. Aspekte, die mir ansonsten verborgen geblieben wären. Lediglich bei dem Gemälde “Luftakrobaten” blieb ich ratlos zurück, denn meine Interpretation unterschied sich fundamental von dem Infotext: Während dort Beckmanns Leidenschaft für artistische Sensationen hervorgehoben wird, die als Sinnbild für die Schwierigkeiten und Hürden des menschlichen Daseins interpretiert werden, ergab sich bei mir spontan eine andere Sichtweise: Die Fahnen, die die beiden Protagonisten in den Händen schwenken, symbolisieren für mich eher die Verbindung Frankreichs – sprich Europas – und den USA. Bezeichnenderweise scheint der Mann hinabzustürzen, wird zwar noch von dem Korb gehalten, ist aber von außerhalb des aufsteigenden Gefährts. Bildet Beckmann hier schon die aufkommende Weltwirtschaftskrise ab? Sieht er die aufkommende politische Katastrophe (Faschismus, Krieg) in Europa? Prognostiziert er die USA als Retter – für ihn nach dem Krieg – für Europa?
Beckmann wird für mich immer mit einer Episode aus meiner Jugend verbunden bleiben: Ich lernte als 16jähriger in der Disco ein Mädchen kennen und wurde anschließend von den Eltern zum Kaffee eingeladen. Die Atmosphäre und das Ambiente der Wohnung strahlten einen gewissen Wohlstand aus, der mich verunsicherte. Es gab dann den üblichen Smalltalk, bis mein Blick auf ein Bild im Esszimmer fiel. “Das sieht ja aus wie ein Beckmann”, platzte es aus mir heraus. “Das ist ein Beckmann”, kam als prompte Antwort. Meine Frage brach das Eis, und beim Abschied steckte mir der Vater einen 10 DM-Schein zu, sodass wir nach dem anschließenden Discobesuch mit dem Taxi nach Hause fahren könnten. – Natürlich war ich zu dieser Zeit kein Kunstkenner; vielmehr besprachen wir gerade die Künstler des 20. Jahrhunderts, darunter Beckmann, im Kunstunterricht.
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