Als ich erfuhr, dass in Rostock eine Ausstellung mit Werken von Armin Mueller-Stahl präsentiert wird, dachte ich zunächst, dass für mich ein Besuch eigentlich nicht in Frage käme: Mittlerweile habe ich in Ausstellungen so viele seiner Werke gesehen, dass ich mir nicht vorstellen konnte, Neues von ihm entdecken zu können, und dass ein Besuch eher eine Übersättigung im Hinblick auf das Schaffen dieses von mir sehr hoch geschätzten Künstlers hervorrufen könnte. Neugierig machten mich jedoch Rezensionen in den Medien, wo darauf verwiesen wurde, dass nicht nur aktuelle Werke von ihm ausgestellt seien, sondern die Person in seinem gesamten künstlerischen Schaffen Berücksichtigung fände.
So machten wir auf dem Rückweg von unserem Kurzurlaub an der Ostsee Station an der Kunsthalle Rostock, um die Ausstellung “Alle Kunst will Musik werden” zu besuchen. In der Präsentation waren tatsächlich weitgehend aktuelle Werke, die die Musik, genauer gesagt den Jazz zum Thema hatten, ausgestellt. Im Zentrum dieser Werke stand immer der einzelne Künstler, mit seinem Instrument, in einer beeindruckenden Vielfalt.
Was mich bei aktuellen Ausstellung neben der Vielfalt der Werke so faszinierte, war die Tatsache, dass Armin Mueller-Stahl mittlerweile 91 Jahre ist, aber noch immer voller Schaffenskraft und Tatendrang steckt. In den Zeitungsberichten war davon der Rede, dass er laut seiner Frau täglich diszipliniert vier Stunden im Atelier arbeitete, “auch am Sonntag. Jeden Tag.”
Sehr nahe gingen mir zwei Werke, die mit dem eigentlichen Thema der Ausstellung wenig zu tun haben. Da war zum einen das Bild am Anfang der Ausstellung mit dem Titel „Abschied“: Eine Person, offensichtlich ein Erwachsener, schemenhaft dargestellt, hält eine ebenso dargestellte kleine Person, wohl ein Kind, umfangen vor einem dunklen Hintergrund. Der Titel und dessen bildliche Darstellung sind gerade aktuell angesichts der aktuellen Situation in der Ukraine äußerst beklemmend und rufen zahlreiche Assoziationen hervor. Bei diesem Werk faszinierte mich bei ihm wie schon häufiger die einfache Gestaltung, die Pinselführung und Farbgebung, um eine entsprechende Botschaft auszudrücken. Beim zweiten Bild, ein Werk, welches er erst im letzten Monat geschaffen hatte und mit seiner prallen Farbgebung herausstach, geht es schon im Titel direkt um den Krieg in der Ukraine. Als Mueller-Stahl bei der Vernissage auf dieses Bild und dessen Botschaft angesprochen wurde, antwortete er: “Ach wissen Sie, das müssen Sie selbst rauskriegen. Was will man sagen mit einem Krieg, der in unserer Nähe ist und der uns alle eigentlich, jedenfalls mich, der ich schon einmal einen Krieg erlebt habe von A bis Z erschüttert? Ein Krieg ist wirklich das Widerlichste, was Menschen anderen Menschen antun können. Punkt.”
Nicht am Abschluss der Ausstellung, aber für mich durchaus auch ein Stück Offenbarung und Hindeutung auf sein eigenes Leben war das Werk, welches einen Kopf, seinem Charakterkopf ähnlich, abgebildet war, um den sich ein Text-rankte: „Die ganze Angeberei geht dem Ende entgegen, ich werde nicht mehr Erfolgspläne hegen, der Schlaf nimmt zu und ab die Lust auf leben.“ Tief beeindruckt und nachdenklich verließen wir die Ausstellung, voller Hochachtung vor diesem, einer der wenigen Universalkünstler.
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