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Eisenhüttenstadt zum Zweiten

Eisenhüttenstadt

Warum fahre ich zum zweiten Mal nach Eisenhüttenstadt? Eisenhüttenstadt oder Stalinstadt oder Fürstenberg, diese Stadt hat viele Namen, die eng mit ihrer Geschichte zusammenhängen. Gegründet als sozialistische Musterstadt Anfang der 50er Jahre wurde dort ein anspruchsvolles Industriegebiet der Eisen verarbeitenden Industrie und Verhütung geschaffen. Dazu wurde auch noch ein ambitioniertes Wohnungsbauprogramm umgesetzt, welches den 16 Grundsätzen des Wohnungsbaus in der DDR entsprach. Kurz vor der Wende wohnten in Eisenhüttenstadt, so wurde die Stadt nach der Entstalinisierung umbenannt, mehr als 50.000 Einwohner.

Seit der Wende ist die Bevölkerungszahl um die Hälfte gesunken, parallel zu der De-Industrialisierung in diesem Gebiet. Was geblieben ist, ist eine bemerkenswerte Wohnlandschaft, die in den letzten Jahren auch ansprechend modernisiert und renoviert wurde: Häuser, die in Grünanlagen stehen, der Autoverkehr wird weitgehend von dem Wohngebiet ferngehalten.

Die Hauptachse bildet die Lindenallee, die vor der Wende Leninallee hieß, die direkt zum Eisenhüttenwerk führt. Doch von dieser Prachtstraße ist nur noch wenig übrig geblieben, wenn man von dem Theater „Friedrich Wolf“ absieht . Ein Großteil die Geschäfte ist entmietet, die breite Straßenfront ist menschen- und sogar autoleer. Die wenigen Geschäfte, die übriggeblieben sind, reduzieren sich auf Billigwaren Angebote wie Kik und McGeiz sowie einige billige Imbissbuden. Es ist ein deprimierender Anblick, der negative Höhepunkt ist sicher ehemalige Hotel Lunik, das seit Jahren verlassen verfällt.

Eisenhüttenstadt erscheint mir wie eine sterbende Stadt, die sich jedoch mit einigem kulturellen Kleinod gegen den Niedergang zu wehren scheint. Neben dem Theater „Friedrich Wolf“, das sich mit drei bis vier Gastspielen pro Monat versucht über Wasser zu halten, ist insbesondere das Museum der DDR Alltagskultur zu erwähnen. Hier sind in liebevoller Kleinarbeit Alltagsgegenstände und auch Dokumente aus der DDR zusammengetragen und thematisch geordnet worden. Es war für mich in manchen Abteilungen wie ein Déja-vu, wenn man z.B. das Schwalbe Moped oder das Faltruderboot sieht. Aber auch Kuriositäten wie die Arbeitsbescheinigung der Gruppe Renft sind hier ausgestellt. Besonders beeindruckend fand ich auch beim zweiten Male wieder die Sonderausstellung: Beim ersten Besuch ging es bei der Ausstellung um die Menschen, die in Eisenhüttenstadt / Stalinstadt aufgewachsen und diesen Ort aufgebaut haben. Es wurden die einzelnen Biografien beschrieben und mit Fotos entsprechend koloriert.

Die aktuelle Sonderausstellung bezieht sich auf Plakate in der DDR. Plakate hatten dem Verständnis dieses Staates folgend immer einen systemstabilisierenden Charakter und sollten die breite Öffentlichkeit auf bestimmte Dinge hinweisen, gegebenenfalls sie sogar dafür begeistern. Sie spiegelten aber durchaus auch die politische Entwicklung in der DDR wider: Während z.B. am Anfang der Begriff DDR noch gar nicht so häufig auf den Plakaten auftaucht, stattdessen wird viel stärker auf die Teilung hin geschielt, wenn man z.B. auf Plakaten fordert „Halte Verbindung nach Westdeutschland“, eine wirklich absurde Situation, wenn ich mir meine (Westberliner) Vergangenheit anschauen, wo der Leitspruch „Halte Verbindung nach drüben“ war. Später wurde die DDR als sozialistischer Staat propagiert und es wurde die internationale Solidarität sehr hoch gehalten, sei es bei „Free Angela Davis“ Plakaten oder bei Anti-Apartheid Aufrufen. Besonders gelungen fand ich die Auswahl der Plakate zu den Weltfestspiele der Jugend 1973, wo es wirklich grafisch anspruchsvolle Exemplare zu sehen gab. Werbeplakate waren dagegen nur selten zu betrachten, was nicht an dem Fundus der Sammlung lag, sondern daran, dass es in der DDR eigentlich keine Werbung gab, weil es ja letztendlich keinen Konkurrenzkampf zwischen Unternehmen gab, die um die Gunst der Kunden buhlten. Es herrschte doch vielfach ein Mangel an Gegenständen, auch des täglichen Alltags.

Eisenhüttenstadt wurde ursprünglich neben dem Städtchen Fürstenberg aufgebaut, mittlerweile ist dieser Ort eingemeindet worden, und ist vom städtebaulichen auch ein Kleinod, denn nur hier kann man ältere Gebäude, das heißt vor der Gründung der eigentlichen Stadt Eisenhüttenstadt, sehen und auch genießen, zumal der Ort sich eng an die Oder anschmiegt. Ich bin wiederum gerne in das dortige Kunstmuseum gegangen, das liebevoll hergerichtet ist, und in einer ständigen Ausstellung Künstler der DDR, nicht die bekannten Größen, sondern vielmehr auch Künstler aus der Gegend, beherbergt.

Besonders schön ist der Innenhof dieses Gebäudeensemble zu betrachten, denn dort sind neben der Ausstellung von alten Gegenständen unter bestimmten Themenbereichen, wie z.B. die Küche oder das Klassenzimmer, auch einige Skulpturen zu sehen, die ansonsten verloren gegangen wären, sei es nach der Wende oder weil für sie kein Bedarf bestand.

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