Schwarzer Widerstand und globaler Antikolonialismus in Berlin, 1919–1933
Berlin wurde während der Weimarer Republik zur postkolonialen Metropole in einer weitgehend kolonialen Welt: Migrant*innen aus Deutschlands ehemaligen Kolonien in Afrika blieben hier. Die Stadt wurde aber auch zum Anziehungspunkt für Akteur*innen aus dem afrikanischen, asiatischen und arabischen Raum. Aus verschiedenen kolonialen Gebieten stammend wurden sie politisch aktiv, bildeten antikoloniale Bündnisse, forderten Unabhängigkeit für ihre Herkunftsländer, leisteten Widerstand gegen Rassismus.
Die Ausstellung versteht sich als Beitrag zur Dekolonisierung der Stadtgeschichte und setzt den Fokus auf Akteur*innen aus den deutschen Kolonien in Afrika und auf Schwarze Bewegungs- und Befreiungsgeschichte.
Mit Interesse las ich die zahlreichen Biographien dieser Menschen und nahm mit Erstaunen wahr, wie umfangreich diese Bewegung in all ihren Facetten zur damaligen Zeit gewesen war. Was mich aber irritierte und zunehmend verärgerte, war, dass auch in dieser Ausstellung die „Sprachpolizei“ präsent war. So wurden zum Beispiel bei Eigennamen von Organisationen, die in ihren Namen Wörter enthielten, die heutzutage verpönt sind, diese geschwärzt. Dass diese Organisationen zur damaligen Zeit sich selbst diese Namen gaben, es also historisch feststehende Begriffe sind, scheint den Ausstellenden gleichgültig gewesen zu sein.
Aber auch bei politisch belasteten Ortsbezeichnungen setzte das „Streichkonzert“ fort: So wurde bei dem Lebenslauf eines politischen Aktivisten sein Geburtsort, Deutsch Ostafrikas, geschwärzt. Wo war er denn nun geboren? Es ist ein historisches Faktum, dass das betreffende Gebiet zur damaligen Zeit so bezeichnet wurde und eine deutsche Kolonie war.
Eine kritische, in meinen Augen auch überfällige Auseinandersetzung mit dem deutschen Kolonialismus erreicht man nicht mit einer Schwärzung des Namens. Diese Herangehensweise zu Ende gedacht, müsste man in einer Ausstellung, die sich mit der DDR beschäftigt, deren Namen auch schwärzen, wenn man der Meinung ist, dass dieser Staat ein Unrechtsstaat gewesen sei.
Meiner Kritik an dieser Bevormundung wurde von den Betreuern der Ausstellung entgegnet, dass man die Besucher zu einer kritischen Auseinandersetzung mit diesen Begrifflichkeiten motivieren wolle. Ich habe meine Zweifel, ob dies mit solcher „Cancel Culture“ erreicht wird. Hinweisschilder, die diese problematische Begrifflichkeit erläutern, wären der Sache dienlicher.
P.S. Den Begriff Orient hat man auch geschwärzt …….
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