Mit der Überblicksausstellung KUNST FÜR KEINEN. 1933–1945 zeigt die SCHIRN in Frankfurt / Main, welche unterschiedlichen Strategien und Handlungsspielräume Künstler*innen nutzten, die dem NS-Regime kritisch gegenüberstanden. Während zahlreiche Künstler*innen aufgrund ihrer Verfemung, teilweise sogar vor staatlicher Verfolgung in die Emigration flüchteten, wird anhand von 14 ausgewählten Biografien, darunter Jeanne Mammen, Hannah Höch, Karl Hofer, veranschaulicht, dass nicht Resignation, Apathie und Aussichtlosigkeit ihr künstlerisches Schaffen bestimmte. Anhand von 140 Gemälden, Skulpturen, Zeichnungen und Fotografien wird stattdessen die Vielfalt der Kunst, die abseits der offiziellen NS-Kunst existierte, dokumentiert.
Es war für mich insgesamt gesehen eine sehr beeindruckende Werkschau, wobei die jeweiligen Künstler in ihrem individuellen Weg und der jeweiligen stilistische Entwicklung eindrucksvoll dargestellt wurden. Leider vermisste ich weitgehend deren künstlerische / persönliche Entwicklung nach 1945.
Einen bleibenden Eindruck hat für mich der Teil der Ausstellung hinterlassen, der sich mit Hannah Höch (1889–1978) beschäftigte. Schon sehr früh (1932) geriet sie in Konflikt mit den Nationalsozialisten, als ihre erste Einzelausstellung im Dessauer Bauhaus verhindert wurde. Als direkte Reaktion auf die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichkanzler malte sie das Gemälde „Wilder Aufbruch“: Zwei Personen Mutter und Sohn, insbesondere deren Köpfe, dominieren das Werk. Während die Mutter eher abwartend, zweifelnd ihren Blick senkt, schaut der Junge wild, entschlossen mit starrem Blick nach vorne, fest auf beiden Beinen stehend, dabei die Mutter tretend. Sie presst eine Blume an ihren Körper, das Symbol für das Leben, fürchtend die kommende Apokalypse. In der Ausstellung hing daneben ein thematisch identisches Werk ohne Titel aus dem Jahr 1945: Wieder dominieren Mutter und Sohn das Bild. Während die Mutter wiederum mit gesenktem Kopf aber deutlich gebückter, trauernd im Vordergrund steht, scheint der Junge blutleer, tot im Hintergrund zu schweben, seine Augen leer, der Kopf zur Mutter nach unten gebückt. Drastischer kann damalige Apokalypse kaum ausgedrückt werden. In weiteren Werken, den „Notzeitbildern“, die sie nach Kriegsbeginn in Klausur in Berlin-Heiligensee anfertigte, stellte sie schonungslos die Bedrohung des Nationalsozialismus und die Schrecken des Krieges zeichnerisch dar.
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