Das Haus am Waldsee und das Georg Kolbe Museum haben eine Ausstellung in zwei Teilen erarbeitet, die sich unter dem Titel „Lynn Chadwick – Biester der Zeit“ mit dem Schaffen des britischen Bildhauer Lynn Chadwick (1914 – 2003) als einem der führenden Künstler der Nachkriegszeit beschäftigt. Während im Georg Kolbe Museum sein Werk als breites, chronologisches Spektrum mit thematischen Schwerpunkten vorgestellt wird, findet im Haus am Waldsee eine Gegenüberstellung seines Schaffens mit Arbeiten von Hans Uhlmann (1900 – 1975) und Katja Strunz (*1970) statt.
Ich habe mich zunächst zur Ausstellung im Haus am Waldsee begeben, auch um den Neubau des Seitenflügels, der eigentlich ein denkmalgerechter Wiederaufbau des in den letzten Kriegstagen zerstörten Teils der Villa ist, zu bewundern. Beginnend mit einem Fazit bleibt festzuhalten, dass die Werke der Künstler in den Räumen und auch in den Außenanlagen einen würdigen Rahmen gefunden haben. Für mich als „Halb-Laie“ in Sachen bildender Kunst erschloss sich jedoch nicht der in den Verlautbarungen vorgenommene Dialog zwischen den Künstlern. Im Gegenteil, die schriftlichen Ausführungen / Erläuterungen in den Räumen wirkten eher zwanghaft aufgesetzt, ja sogar abschreckend. Hier werden Gegensätze / Entsprechungen konstruiert, die sich dem Betrachter kaum erschließen, statt einem einfach Raum zum Genießen zu lassen.
Mir persönlich sind bei diesem Besuch zwei Begegnungen im Gedächtnis geblieben, zum einen eine Aussage von Katja Strunz zu ihren Werken, zum anderen ein Vergleich zweier Werke zu (vermutlich) einem Motiv. Mit dem folgenden schwer verdaulichen Satz der Kuratorinnen, der dazu noch einen (gedanklichen) Fehler enthält – Falten nicht Fallen – wird ein Aspekt angesprochen, der dem Betrachter neue Dimensionen eröffnet: „Das Moment der formkonstituierenden Schwerkraft arbeitet Katja Strunz nicht im Sinne von Überwindung, sondern im Sinne von Fallen.“ Katja Strunz beschreibt diesen Prozess folgendermaßen: „Die Faltung ist eine bewegte dreidimensionale Formstruktur, die ein Davor und Danach beinhaltet. Der Prozess des Ein- und Ausfaltens lässt sich endlos fortführen, sodass immer wieder neue Formen entstehen.“ Insbesondere bei ihrer dreidimensionalen Wandinstallation lässt sich dieser Aspekt unmittelbar nachvollziehen.
In einem Raum werden zwei Werke gegenübergestellt, das „Biest“ von Chadwick und das „Vogelwesen“ von Uhlmann. Auch hier haben die Kuratorinnen aus dem verbal Vollem geschöpft: „Stolz tritt das „Vogelwesen“ in die Welt und lässt den Blick gelassen schweifen. Chadwicks „Beast“ dagegen strahlt vibrierende Dynamik aus.“ Mir erschloss sich weder der Stolz noch die vibrierende Dynamik in den Werken, mich faszinierte bei Uhlmann die Leichtigkeit, die seine Skulptur ausstrahlt, egal von welcher Perspektive man sie betrachtete. Bei Chadwicks Werk war es die Gegensätzlichkeit der Formgestaltung, die filigranen Metallbeine, die fast abzuheben scheinen, und der massige Körper, der durch Coloration und Muster hervorgehoben wird. Die Glaskugeln an den Antennen / Fühlern verstärken diese Diskrepanz.
Lohnend ist auf alle Fälle ein abschließender Gang durch den angrenzenden Skulpturenpark, wo neben einem Werk von Chadwick auch weitere bemerkenswerte Kustwerke zu betrachten sind. Mich faszinierte hier die Installation „Weather Project“ von Markus Jeschaunig auf dem Waldsee, die nach eigenem Bekunden ein Klimaphänomen auf dem See entstehen lassen soll. Ich stand versunken vor dem Werk und erfreute mich an den Kreationen, die vom Wasserdampf erzeugt wurden, der aus Düsen hervortrat.
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