Theater – Film

Berlinale 2017

Es gelang mir online eine Eintrittskarte für einen Beitrag im Forum zu ergattern: Barrage. Meine Wahl fiel bei der begrenzten Auswahl auf diesen Film, weil dort Isabelle Huppert mitwirkte. Aufführort war das CineStar am Potsdamer Platz, eine Einrichtung, die ich normalerweise meide. Schon vor dem Saal stand eine Schlange von Zuschauern, säuberlich getrennt in Kartenbesitzer und „Glücksrittern“, denen nach unserem Einlass die ersten Reihen des Saales zugewiesen wurden.

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In dem Stück geht es vordergründig um das Tochter-Mutter-Verhältnis: Nach zehn Jahren, in denen ihre Tochter Alba von ihrer Mutter Elisabeth großgezogen wurde, kehrt Catherine aus der Schweiz zurück nach Luxemburg. Jedoch offenbarte diese Begegnung, die mit einer eindringlichen, langsamen Kameraführung begleitet wurde, viel mehr und ging entschieden tiefer in die Seele der Akteure hinein und ließ die weitere Entwicklung offen. Bestechend dabei die Schauspielerinnen, die Mutter (Isabelle Hupperts Tochter!) und Tochter darstellten, wogegen Isabelle Huppert als Großmutter deutlich dahinter zurückstand.

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DAS LETZTE BAND mit Klaus Maria Brandauer

Voller Erwartung ging ich ins Berliner Ensemble: Auf dem Programm stand “Das letzte Band” von Samuel Beckett, gespielt von Klaus Maria Brandauer und inszeniert von Peter Stein. Von dieser Besetzung versprach ich mir einen tiefgreifenden Zugang auf das Stück, mit welchem ich im Gymnasium ohne bleibendem Eindruck konfrontiert wurde.

Nach einer 20minütigen  pantomimischen Charakterisierung des 69jährigen Krapps geschieht das gramvolle Abhören alter tagebuchartiger Tonbandaufnahmen, die unter anderem eine Liebesgeschichte abhandeln. Längst hat er, in lebender, schleichender Verwesung befangen, mit der Liebe abgeschlossen, angewidert hört er seine verjährten Worte, seine Identität hat er verloren, übriggeblieben ist eine überzogene Schrulligkeit.

„Die menschliche Existenz als Grenzsituation zwischen Leben und Tod, Gestalten, die auf der ewig enttäuschten Illusion des Wartens beharren oder in tragikomischer Hilflosigkeit die Gewissheit ihres Verfalls überspielen – darum geht es in allen Stücken Becketts“ (Kindlers Literaturlexikon) . In einem apokalyptischen Szenario zeigt Das letzte Band das menschliche Ableben auf der vergeblichen Suche nach seiner verlorenen Identität.

Peter Stein hielt sich in seiner Inszenierung an die exakte Wiederholung der Bewegungsabläufe, wie sie in Becketts Text detailliert festgehalten sind, wobei er an bestimmten Situationen Überzeichnungen vornahm (Rote Nase).

Und hier setzt meine Kritik an: Durch die Exaggeration des Clownesken trat für mich die eigentliche Thematik in den Hintergrund. Dankbar übernahm Brandauer diese Interpretation und überzog alles, was er tat, mit seinem Stolz, seinem Ruhm und seiner Einzigartigkeit. Brandauer spielte nicht Krapp, er “brandauerte”.

Ich hatte gehofft, dass es diesem berühmten Theaterregisseur und dem famosen Schauspieler gelingen würde, dieses Stück neu und zeitgemäßer zu beleben – das Gegenteil war der Fall. Ein Großteil des Publikums schien ähnlich ernüchert zu sein: Es gab lediglich einen Höflichkeitsapplaus für Brandauer.

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