Die Bucht von Balos, ein Traum von türkisfarbenem Wasser und schneeweißen Sandstränden, und die Seeräuberinsel Gramvoussa mit seiner unvergleichlichen venezianischen Festung, so werden diese Orte nicht nur von lokalen Reiseunternehmen angeboten; nein auch in den einschlägigen Reiseführern werden sie als Highlights eines Kreta-Aufenthalts angepriesen. Kombinieren kann man diese Orte mit einer Bootsfahrt, während man Balos auch auf einer unbefestigten Straße mit anschließender Bergwanderung erreichen kann.
Eine Bötchenfahrt schien uns angemessener, so buchten wir im örtlichen Reisebüro die Tagesfahrt, verbunden mit einem Shuttle-Service von unserem Quartier zum Hafen. Dort angekommen traf mich der erste Schlag: Nicht ein kleines Fischerboot wartete auf uns, sondern ein großes Schiff – ähnlich einem Fährschiff, das die griechischen Inseln miteinander verbindet. In dieses Boot strömten Touristen, die mit Reisebussen – ich zählte 12 Stück am Kai – hingekarrt worden waren. Dazu kamen noch Personen, die Dutzenden von Leihwagen entstiegen. Insgesamt bevölkerten schließlich mehr als 1000 Reiselustige das Schiff. Alle Sitzplätze waren an Bord belegt und etliche Personen mussten die Fahrt im Stehen beginnen.
Während der Passage wurden wichtige Informationen, darunter die Sicherheitsbestimmungen, in sieben Sprachen gegeben, doch die meisten Passagiere waren mehr daran interessiert Selfies von sich zu erstellen oder beliebige Küstenstreifen aus allen Lagen zu fotografieren. Rücksicht auf die unmittelbare Umgebung spielte da eine untergeordnete Rolle.
Nach gut einer Stunde erreichten wir die Insel Gramvoussa. Die Passagiere ergossen sich aus der Fährklappe und strömten entweder zum nahe gelegenen Strand oder erklommen den Felsen zur Festung. Wie eine Ameisenstraße bewegten sich die Massen vorwärts, gelegentlich sehr stockend, weil Vordermänner bzw. -frauen Selfie machen oder Videos aufnehmen wollten. Ein großer Teil der Touristen erklomm den Hügel in fachmännischer Art, mit Flip Flops, freiem Oberkörper und Smartphone in der Hand. Von der Festung selbst sind nur noch wenige Grundmauern erhalten, lediglich von einer Kirche ist der Rohbau existent, wobei zum Teil mit neuen Steinen “nachgeholfen” wurde. Leider war das Wetter recht nicht optimal, sodass wir die angepriesene Weitsicht nur in geringem Maße genießen konnten. Das dreimalige energische Tuten der Schiffssirene machte uns schließlich darauf aufmerksam, dass die Abfahrt bevorsteht.
Die Balos Bucht liegt auf der dem Mittelmeer zugewandten Seite der Halbinsel, die den westlichen Teil der Kissamos Bucht bildet. Türkisfarbenes Wasser und eine Mischung von weißen Steinen und Sand bildeten vor der Bergkulisse ein malerisches Bild. Doch auch hier kam mir das Ameisengleichnis in den Sinn, dieses Mal als entsprechender Haufen. Erst als ein großer Teil der Passagiere vor dem starken Wind auf das Schiff geflüchtet war, konnten wir die Landschaft genießen. Das Schwimmen in dem glasklaren Wasser gestaltete sich leider als recht schwierig, da der Strand in weiten Teilen aus zahlreichen glitschigen Steinen und Felsen bestand.
Aufkommender starker Wind gestaltete die Rückfahrt zu einem Abenteuer: Das Boot schwankte trotz seiner Größe bedenklich von einer Seite zur anderen, dabei nicht in langen Wellen, sondern in vielen kleinen Wellenstößen. Ohne seekrank geworden zu sein, erreichten wir festen Boden unter den Füßen.
Fazit: Ich war / bin Teil dieses Massentourismus, doch frage ich mich, muss ich mich dem weiterhin aussetzen, nur um “angesagte” Orte zu besichtigen. Es tut mir nicht gut und den heimgesuchten Plätzen auch nicht….
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